Ein verlängertes Wochenende steht vor der Tür und so stellt sich für meine Kollegen und mich die Frage, wohin man denn diesmal reisen soll. Drei freie Tage in Riyadh zu verbringen grenzt ja schon fast an Zeitverschwendung. So haben wir alle mögliche Pläne durchgewälzt wie man die freie Zeit am besten nutzen kann und am Ende haben wir uns dann dazu entschlossen nach Bahrain zu fahren. Ein anderes Königreich mit einer etwas anderen Auffassung von sozialem Zusammenleben und Verboten, als es hier üblich ist und vor allen Dingen legalem Alkohol.
Also haben wir uns dann Mittwochs ins Auto gesetzt um die kurze, aber interessante Reise an zutreten. Zunächst heißt es aber erst mal vier Stunden Autofahren durch die Wüste. Klingt ja eigentlich nicht so spannend, aber wie der Teufel es will kommt auch hier etwas Abwechslung ins Fahrgeschehen und so sieht man zwischen Kamelherden und Autowracks auch dieses interessante Gebilde.
Da fragt man sich doch: ""Was macht denn bitte ein Riesenrad mit in einer Wüste zwischen sich im Rohbau befindlichen Grundmauern?" Die Antwort ist doch Sonnenklar. Damit die Arbeiter ein bisschen Abwechslung von der Arbeit haben, müssen sie sich zwischendurch bei einer Runde Riesenrad erholen. Völlig klar. Oder man kann das Riesenrad als Aussichtspunkt für den Nachschub verwenden, der eventuell irgendwann einmal eintrifft.
So fahren wir dann weiter munter durch die Wüste, wo sich weiterhin nur Sand und Autowracks die Hand reichen, um an einer Tankstelle dann doch noch einmal ein paar Bäume und die beneidenswerte Art Ordnung bewundern zu können.
Bei Einbruch der Nacht geht es dann so langsam in Richtung Dammam, die Grenzstadt zum Königreich Bahrain und ehe wir uns versehen, sind auch schon auf dem King Fahd Causeway, welcher das saudische Festland und die Insel Bahrain miteinander verbindet. Das Problem an der Sache ist nur, dass wir mit einem Mietwagen nicht aus Saudi Arabien ausreisen dürfen. Frohen Mutes fahren wir jedoch einfach mal drauflos und schauen was so auf uns zu kommt. In der Mitte zwischen Bahrain und Dammam befindet sich noch ein kleine Insel, bei welcher wir dann kurz anhalten um etwas zu verschnaufen und unser weiteres Vorgehen planen wollen, aber ehe wir uns versehen sitzen wir auch schon in einem Taxi, welches uns gekonnt über die Grenze chauffiert. Nach einer knappen Stunde Wartezeit an der Grenzkontrolle können wir dann auch die Rechenkünste des Zöllners bewundern. Durch gewisse Schwierigkeiten mit den jeweiligen Umrechnungskursen muss Marc nur -10 Rial für sein Visum bezahlen. Ein Traum. Jetzt stellt sich aber auch schon die nächste Frage: "Wo solls denn hingehen?" Da hat sich bisher noch niemand wirklich Gedanken darüber gemacht und so landen wir schließlich in dem ersten Hotel, was wir uns notiert haben, dem Casablanca.
Der Ausblick ist recht ansehnlich und trotz der Lage an der Hauptstraße ist es relativ ruhig hier. Da wir von der langen Fahrt doch schon etwas entkräftet sind, muss erst mal wieder der nächste Standard Inder aufgesucht werden. Wie gewöhnlich :-D. Das Problem an den meisten indischen Restaurants ist halt nur, dass sie leider das jeweilig Huhn, Rind, Schaf anscheinend im Ganzen in Stücke schneiden und dabei auch keine Rücksicht darauf nehmen, ob jetzt mehr Knochen als Fleisch im Curry ist oder nicht. Nachdem wir dann die Knochen abgenagt hatten, haben wir uns auf die Suche nach dem gemacht, wofür Bahrain im Königreich Saudi Arabien so bekannt ist. Die Kneipen- und Clubszene mit richtigem Bier. Nicht selbstgebraut, sondern Original aus der Flasche.
Nur wo findet man denn jetzt diese Clubs und Bars? Nirgendswo Musik. Nur Autos, Imbissbuden und Hotelanlagen wohin das Auge reicht. Dann muss halt mal ein Taxi angehalten werden, was uns irgendwohin fährt. Nur halten hier leider keine Taxis an der Hauptstraße und die Taxifahrer sehen auch allesamt sehr beschäftigt damit aus, ihre saudische Kundschaft zu den Plätzen ihrer Wahl zu fahren. Beim nächsten Taxistand fragen wir dann nach, ob sie uns sagen können wo die nächste Bar, bzw. das Kneipenviertel ist. Der Taxifahrer versichert uns eingehend zu wissen wo wir hin wollen und fährt uns prompt zum Parishotel. Er hat wohl Bar mit Paris verwechselt. Da wir schon mal hier sind fragen wir an der Rezeption nach ob es hier eine Bar gibt, und wie der Teufel es will, haben sie natürlich eine. Frohen Mutes fahren wir also hoch in den 2. Stock und schon im Aufzug hört man das Gewummere viel zu lauter Musik entgegendröhnen. Hoch motiviert und selbstbewusst gehen wir in den Club hinein um im nächsten Moment festzustellen, dass wir die einzigen Gäste in diesem Laden sind. Außer uns ist nur die Bedienung und eine Karaoke Band zu sehen. Die Bedienung bringt uns auch sofort ein frisches, schönes, kaltes und atemberaubend leckeres Bier. Wie schön es doch sein kann, einfach nur mal ein frisches Bier zu trinken. Herrlich.
Die nächste Station unseres nächtlichen Abendprogramms ist dann ein Hotel in einer anderen Ecke der Stadt. Hier ist dann auch schon etwas mehr los und wir können uns neben frischem Bier vor allen Dingen damit beschäftigen, den jungen und alten Saudis dabei zu zu schauen, wie sie all die schönen Köstlichkeiten genießen, welche Ihnen in ihrem eigenen Land verwehrt sind. Fasziniert schauen sie sich die Kellnerinnen und Sängerinnen, welche ohne die in Saudi Arabien übliche Abaya, mit all ihren weiblich Reizen spielen können. So kann man die hier Anwesenden jungen und alten Männer Bauklötze staunen sehen, während sich die Bedienung abrackert Ihnen weitere alkoholische Getränke anzubringen. Nachdem wir dann genug von dieser Location haben, beschließen wir noch ins das sagenumwobene Diggers zu gehen. Dies befindet sich einfach nur auf der anderen Straßenseite. Von außen ist das Diggers einfach nur ein schlichter unauffälliger Laden, aus welchem Laute Musik dröhnt. Von innen sieht es so aus, als ob man gerade die Kneipe von Tarantinos "From dusk till dawn" betreten hat. Auf der Bühne spielt eine Filipino Band gerade "For whom the Bell tolls" von Metallica und aller Anwesenden Augen sind sofort auf das Frischfleisch gerichtet. Ein komisches Gefühl, so von allen bestaunt zu werden. Nach wir dann erfahren haben, dass Marc aussieht wie ein Türke, Hendrik als ob er noch zu jung wäre um hier zu sein und ich wie ein 70 jähriger Asiate beschließen wir, es für diesen Abend zu belassen und uns zurück zum Hotel fahren zu lassen.
Gerade als das Licht in unserem Zimmer aus ist, klingelt das Zimmer Telefon und am anderen Ende hört man nur ein seltsames "Hello" mit merkwürdigem Unterton, nach dem ich freundlich Hello geantwortet habe schlägt mir ein hastig gesprochenes "You want massage" entgegen, worauf ich dankend ablehne. Anscheinend hat dieses Hotel noch eine kleine Nebeneinkunft mit nächtlichen Massagen. Sehr interessant.
Ausgeschlafen geht es dann am nächsten Tag auf Erkundungsreise durch Manama. Während wir bei strahlendem Sonnenschein durch die Straßen spazieren, könnte man sich fast vorstellen in einem mediterranen Ort zu sein. Überall sind Bürgersteige und man kann Problemlos seinen Spaziergang zu Fuß machen, was in Riyadh meist nur schwer möglich ist, da es kaum Bürgersteige gibt, da man ja lieber mit dem Auto fährt. So laufen wir also gut gelaunt durch die Gegend, bis uns schließlich der Magen knurrt und wir nach einem Imbiss suchen, welches in der Lage scheint unseren Hunger zu befriedigen.
Das Leben könnte so schön sein in Riyadh, wenn es doch nur ein paar solcher schönen Lokalitäten zwischen den eingestürzten Häusern und verdreckten Straßen geben würde. Genießen wir das schöne Leben so lange wir noch können.
Frisch gestärkt sind wir dann nach einem wirklich leckeren amerikanischen Frühstück mit frisch gepresstem Orangensaft dann weiter gezogen um kurz danach dann auch die erste Sehenswürdigkeit zu Gesicht zu bekommen.
Die Al Fateh Moschee. Wirklich ein beeindruckendes Gebäude. Es sieht aus, als ob es Generationen von Menschen stand gehalten hat und immer noch in Würde in der Sonne erstrahlt, dabei ist die Moschee noch nicht mal so alt wie ich. Im inneren der Moschee kommt dann schon die erste große Überraschung auf uns zu. Wir werden von einer Frau angesprochen, welche uns in fließendem Deutsch anbietet, uns durch die Moschee zu führen. Natürlich ganz umsonst. Nach einigen interessanten Fakten über den Islam und die Ursprungsländer der verschiedenen Materialien der Moschee endet unsere 15 minütige Führung, und wir können uns frei in der Moschee bewegen und Photos machen.
Als wir uns schon auf dem Weg aus der Moschee befinden werden wir noch eingeladen uns die deutschsprachigen Informationsbroschüren mitzunehmen, sowie noch ein kleines Erfrischungsgetränk für den Weg danach einzustecken. So kann man dem Islam doch auch mal begegnen. Freundlich und aufgeschlossen ohne direkt penetrant und belehrend zu sein.
Nach diesem freudigen Erlebnis sind wir dann die Corniche entlang geschlendert. Meeresluft und ein leichter kühler Wind machen die ganze Sache noch um einiges angenehmer. Wie Balsam für die Seele ist es neben dem ganzen Sand auch mal etwas Abwechslung zu sehen. Das weite blaue Meer lässt einen dabei sogar fast sentimental werden und die über unseren Köpfen kreischenden Vögel machen die gesamte Szenerie perfekt. Während wir uns also an Manama erfreuen sind wir auch schon an unserem nächsten Ziel angelangt, dem National Museum of Bahrain. Hier erwartet uns zunächst erst mal wieder die für die arabische Halbinsel typische Mauer. Überall sind Mauern. Nachdem wir das Eingangstor zwischen den Mauern gefunden haben erwartet uns in der Eingangshalle zunächst eine Übergroße Landkarte von Bahrain auf dem Boden. Man kann die gesamt Insel abgehen und überall sind Linien zu Bildern an den Wänden angebracht, die einem nähere Details zu bestimmten Sehenswürdigkeiten der Insel verraten. In den anderen Räumen kann man noch verschiedene Aspekte der Bahrainischen Kultur entdecken, wie z.B. die Perlenfischerei, das traditionelle Leben in Bahrain, die Geschichte des Landes und natürlich auch die Geschichte des Korans. Gerade in der Koranabteilung des Museums kann man wirklich sehr filigrane und wundervoll verzierte Korane sehen. Da muss sich jemand bei der Ausarbeitung wirklich unglaublich viel Mühe gemacht haben.
Am Ende des Museums finden wir dann auch noch eine Kunstausstellung mit wirklich interessanten Objekten.
Wobei der Sinn dieser beiden Objekte mir etwas schleierhaft ist. Warum wird die Kuh in den Hals gebohrt und warum liegt der Kopf der Frau auf dem Tisch. Das Rätsel dieser Frage wird mir wohl auf ewig ein Geheimnis bleiben und nur dem Künstler und einigen Eingeweihten verraten werden.
Auf dem Weg zum Fischmarkt, um uns ein leckeres Abendessen zu bestellen, verlaufen wir uns etwas und Landen im Diplomatenviertel. Hier gibt es anscheinend nur Spiegelhäuser und schwer bewaffnete Polizisten hinter vergitterten Polizeiautos.
Die Häuser sind zwar sehr beeindruckend, aber genau so könnten sie auch in Dubai oder einer sonstigen Stadt am Golf stehen und irgendwie erinnern mich die Häuser an ein Brettspiel was ich mal hatte. Hotel. Grandioses Spiel.
Da wir bei der Suche nach dem Fischmarkt gescheitert sind, haben wir uns dann schlussendlich für einen Libanesen entschlossen. Gesättigt und gestärkt ging es dann zurück zum Hotel um uns für die Abendsafari fertig zu machen.
Nachdem wir unser erstes Bier in der Hoteleigenen Bar getrunken und uns dazu entschieden haben hier nicht länger zu bleiben, haben wir uns auf die Suche nach einer anderen geselligen Behausung gemacht. Nachdem die ersten Läden zunächst überteuert waren oder gestunken haben, sind wir dann zufälligerweise doch noch fündig geworden. In einem kleinen Seiteneingang haben wir ein Schild entdeckt, welches auf die Party im 5. Stock aufmerksam gemacht hat. Oben angekommen sind wir dann auf einer Party der etwas anderen Art gelandet. Eine Inder Party. Wenn es ein Volk dieser Erde gibt was bekloppt tanzt, dann müssen es die Inder sein. Nimmer Müde werdend haben sie Arme und Beine in die Luft geschlagen und dabei die schönsten Verrenkungen gemacht, welche man sich vorstellen kann. Auf der Tanzfläche waren fast nur Männer und so kommt es dann natürlich auch, dass man sehr abstruse Tanzbewegungen im Partnerstil feststellen kann. Während die tanzenden Meute sich immer mehr in Extase zu tanzen scheint, sind wohl auch die anderen Gäste nicht mehr in der Lage auf ihre Umgebung zu achten, da uns nun nicht zum ersten Mal der Tisch umgerannt und damit auch unser gesamtes Bier verschüttet wird. Vor lauter Begeisterung wird natürlich vergessen sich zu entschuldigen da man schnellstmöglich auf die Tanzfläche kommen muss, um seinem Frohsinn freien Lauf zu lassen.
Während wir bewundernd die tanzende Meute betrachten nähert sich der Uhrzeiger der 2 und es wird Zeit nach Hause zu gehen, da die meisten Clubs um zwei ihre Tore schließen müssen.
Auf dem Heimweg am nächsten Mittag zeigt sich dann auch noch die Wüste von ihrer schönsten Seite und während die Sonne über Saudi Arabien untergeht könnte die Welt friedlicher nicht sein.