Es ist mal wieder so weit. Es ist Montag Nachmittag, die Hälfte der Woche ist mal wieder geschafft. Nun sitze ich hier auf der Arbeit und sehne mir den Feierabend herbei.
Die Sonne strahlt in mein Büro, sodass ich die Rollos herunterlassen muss, damit ich nicht geblendet werde. Draußen erstrahlt alles in einem hellem Schein und kein einziges Wölkchen ist am Himmel zu sehen, als ob Allah selbst diesen Ort gesegnet hätte.
Trotz dieser Idylle schleicht sich eine gewisse Vorahnung in mir hoch. Irgendwas gab es doch noch was ich heute Abend noch vor hatte. Da muss ich doch mal nachdenken. Ach ja der Kühlschrank ist leer und der meiner Mitfahrer auch. Da können wir ja schön bequem nach der Arbeit in den Supermarkt fahren und in Ruhe das nötigste einkaufen. Wird auch mal wieder Zeit, denn schließlich will man Abends, wenn auch nicht mehr so viel, trotzdem noch wenigstens eine Kleinigkeit essen.
Doch während ich in meinen Gedanken schon am Planen bin was ich mir so alles tolles zu Essen kaufen kann wird plötzlich eine bestimmte Kleinigekeit sehr schmerzhaft bewusst.
Wann ist denn noch mal gleich die nächste Prayertime?
17:21h Da hab ich ja noch ne Menge Zeit. Oh. Doch nicht. Schon 20 nach vier. Jetzt aber hurtig. Also schnell das Büro abgeschlossen und mit meinen Kollegen ab ins Auto, raus auf die Straße und Gas geben. Da ist dann auch schon die erste rote Ampel. Vor mir ein Mercedes und was macht dieser Depp als es dann endlich Grün wird? Er fährt natürlich nicht los weil er irgendwas auf seinem Handy am rumtippen ist oder mit seiner Katze schmusen muss. Jetzt fahr doch schon verdammt noch mal. Da ist er dann auch schon. Der erste Wutausbruch nach nur 2 Minuten. Während ich mich weiter in GTA Manier durch den Feierabend Verkehr von Riyadh schlängeln muss schaffe ich es dann doch ohne all zu sehr aufzuregen auf die Autobahn zu kommen. Heute läuft der Verkehr hier zum Glück recht flüssig, sonst hätten wir das Einkaufen ja sofort vergessen können. Nur ein paar Mal abrupt Bremsen weil sich mal wieder so ein Depp ohne Vorwarnung vordrängelt oder weil es mal wieder grundlos staut. Dann mit paar KMH zu schnell an den anderen Autos vorbei. Mal links, mal rechts. Ist hier ja sowieso egal. Oh da ist ja schon die Abfahrt zum Supermarkt. Rauf den Parkplatz und schnell ne freie Stelle möglichst in der Nähe des Eingangs finden.
30 Minutes to go
Jetzt aber zackig. Nur noch ne halbe Stunde bis zur Prayer. Das wird aber verdammt knapp. Zum Glück weiß ich ja schon was ich brauche. Schnell noch einnen Korb ergattert und dann geht es auch schon los zum Einkaufsspurt. Milch, Joghurt, .... verdammt ich muss schneller sein. Die Zeit wird knapp. Endlich hab ich alles zusammen gesammelt und kann mich an der Kasse anstellen.
20 Minutes to go.
Jetzt wird es aber Zeit, dass der Kassierer sich mal ein bisschen beeilt. Stattdessen zählt er jedoch lieber in Ruhe ein paar Scheine, während im Laden das Licht schon mal gedämpft wird um sich auf die bevorstehende Gebetszeit einzustellen. Währenddessen warten die Kunden an der Kasse in der Schlange und stehen sich die Beine in den Bauch. Es sind doch noch 20 Minuten ihr faulen Affen. 20 Minuten. Den Kassierer jedoch interessiert das ganz und gar nicht. Der hat ja gleich Pause, während all die Kunden in der Schlange warten müssen bevor sie ihre Einkäufe bezahlen können.
15 Minutes to go.
Ich bin einen Meter weiter vorangekommen und kann glücklicherweise schon meine Sachen aufs Band legen. Da ich jetzt die Hände frei hab kann ich schon mal Ausschau nach meinen Kollegen halten. Noch niemand zu sehen. Jetzt wird es aber mal langsam Zeit, dass die Jungs sich beeilen, schließlich müssen sie ja auch noch bezahlen.
An meiner Kasse rennt nun erst mal der Einpack Inder/ Pakistani/ Bangladeshi weg aber anstatt dass der hochbegabte saudische Kassierer selber Hand anlegt und die Sachen einpackt, wird lieber gewartet. Man hat ja Zeit. Während ich schon langsam nervös werde senken sich ach schon langsam die Gitter vor den Laden, damit auch gleich auf gar keinen Fall ein Mensch mehr herein kommen kann.
10 Minutes to go.
Langsam wird es ernst. Wenn sich dieser faule Kassierer nicht mal langsam beeilt steck ich während der Prayer mal wieder im Carrefoure fest. Ich könnte mir nichts tolleres vorstellen. Während sich die Laden gitter weiter senken kommt zum Glück der Einpack Inder/ Pakistani/ Bangladeshi wieder und alles geht weiter seinen gewohnten Gang. Natürlich in der all üblichen Schnelligkeit, welche hier vorherrscht.
5 Minutes to go.
Endlich kann ich meinen Einkauf bezahlen und mit meinen Einkaufstaschen im Limbotanz unter dem Laden Gitter heraus in die "Freiheit" wandern. Gerade noch so geschafft und glücklicherweise auch meine Kollegen. Keine 30 Minuten im Carrefoure warten. Was für ein Glück. Fast wäre das Vorhaben doch noch an den wahnsinnig schnellen Kassierern gescheitert.
Es ist mit der Zeit einfach unglaublich anstrengend seinen ganzen Tagesablauf nach den Gebetszeiten richten zu müssen und einfach komplett abhängig von eben diesen zu sein.
Wie so oft schon zuvor sagen wir uns mal wieder, dass dieses Land, sollte es irgendwann mal darauf angewiesen sein Geld zu verdienen und nicht nur in den Arsch geblasen zu bekommen, auf diesem Wege nicht mehr weiter existieren kann. Eine Volkswirtschaft in der 5 Mal pro Tag für mindestens 30 Minuten während der normalen Geschäftszeiten die Arbeit ruhen. Wo gibt es denn sowas? Nur im Märchen oder in Saudi Arabien. Da ist es dann natürlich kein Wunder, dass die meisten wichtigen hochrangigen Jobs von Ausländern erledigt werden müssen
Hallo Jens, den Limbo mit Einkaufstüte hätte ich gerne gesehen. Ist schon sehr interessant euer Leben dort. Auf jeden Fall hat es doch wohl sehr häufig einen sportlichen Aspekt,
AntwortenLöschenliebe Grüße Mama